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    Entführte weiße Fahne wieder da

    Beim Rathaussturm im vergangenen Jahr hatte sich der Bürgermeister das Friedenssymbol stibitzen lassen - Hermann-Josef Esser bekam das „Corpus Delicti“ bei der Stammquartier-Eröffnung der „Löstige Bröder“ nach Entrichtung einer Spende für die Hilfsgruppe Eifel zurück
     
    Kall - Weiße Fahnen werden schon seit der Antike in Kriegssituationen zur Kapitulation benutzt, denn sie sind ein Zeichen dafür, dass man Frieden schließen, beziehungsweise Verhandlungen führen möchte. Sie werden deshalb auch als Friedensfahnen bezeichnet. Trägt eine Person eine weiße Flagge, bedeutet es, dass sie sich ergibt. Damit ist sie schutzbedürftig und darf nicht mehr angegriffen werden.



    Um diesen Schutz zu genießen, schwenkt der Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser jedes Jahr an Weiberdonnerstag beim traditionellen Ratshaussturm durch die Prinzengarde des Karnevalsvereins „Löstige Bröder“ eben eine solche weiße Fahne. Doch seit dem Rathaussturm im vergangenen Jahr fehlt dieses wichtige Friedenssymbol in der närrischen Asservaten-Kammer des Kaller Beamtenbunkers an der Bahnhofstraße.
    Die Fahne hatte sich Esser letztes Jahr beim Sturm auf das Ersatzrathaus an der alten Post von der Löstige-Bröder-Aktivistin Ina Teuber stibitzen lassen. Die hatte auch daraus keinen Hehl gemacht und dem Bürgermeister angeboten, dass er die Fahne gegen eine Spende für den Karnevalsverein auslösen könne.

    „Ich brauch das Ding am nächsten Donnerstag“, ließ Herman-Josef Esser verlauten, als er am Samstagabend zur Standquartiereröffnung der „Löstige Bröder“ im Saal Gier erschien, um das „Corpus Delicti“ wieder in Besitz zu nehmen, damit er auch am nächsten Donnerstag beim Rathaussturm der Möhnen und der Prinzengarde wieder eine weiße Friedens-Fahne schwenken kann.

    Über den genauen Hergang des närrischen Fahnenklaus gab es vor der Übergabe zwei verschiedene Versionen: Während Ina Teuber behauptete, dass Esser nicht auf die Fahne aufgepasst habe, gab der Bürgermeister zu Protokoll, dass er sie Ina Teuber überlassen habe, um aufzupassen, dass das weiße Tuch nicht abhandenkomme. Tatsache ist, dass die Fahne plötzlich weg war.

    Bevor Ina Teuber dem Gemeindeoberhaupt das bürgermeisterliche Objekt der Begierde zurückgab, ließ sich Hermann-Josef Esser nicht lumpen: Er steckte eine dicke Spende in die Sammelbüchse, in der das Federwölkchen-Dreigestirn durch den Verkauf von Pins und Aufklebern Geld für die Hilfsgruppe Eifel sammelt.

    So ganz weiß ist die Fahne nach ihrer Entführung im vergangenen Jahr nicht geblieben. Sie weist inzwischen unzählige Unterschriften von Kaller Karnevalisten auf. Damit sei die Fahne für ihn noch wertvoller geworden, räumte der Bürgermeister ein.

    Am Weiberdonnerstag, 8. Februar, wiederholt sich das Schauspiel der Rathauserstürmung erneut. Ab 10 Uhr treffen sich die „Löstige Bröder“ mit den Tollitäten, den Möhnen, den Tanzgarden, den Musketieren und der Prinzengarde am Gasthaus Gier, um von dort mit der Musikkapelle Kall zur Rathaus-Außenstelle an der alten Post zu marschieren.

    Mit ihrer Kanone „Möckeflitsch“ wird die Prinzengarde dann das Ersatz-Rathaus so lange unter Beschuss nehmen, bis dass der Bürgermeister seine wieder zurückeroberte weiße Fahne schwenkt und anschließend zum Umtrunk einlädt.

    (Reiner Züll)
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