„Steuerfreiheit“ und ein Feuerwerk zum 50-Jährigen
50 Jahre alt wurden die „Löstige Bröder“ 1954 und dieser runde Geburtstag sollte groß und würdig gefeiert werden. Bei derOrganisation dieses Jubiläums wollten die Männer jedoch unter sich sein. Deshalb wurden die Riege der „Ehrendamen“ die damals dem Verein angehörte, nicht zur Mitgliederversammlung eingeladen, die am 19. Dezember 1953 im Saal Gier stattfand.
Hauptpunkt, so weist es das Versammlungs-Protokoll aus, war die „Jubelsitzung zum 50jährigen Bestehen des Karnevalsvereins“.Am 30. und 31. Januar 1954 sollte das Jubiläum trotz leerer Kasse groß gefeiert werden: mit einem Fackelzug und anschließendem Ball am Samstagabend, mit einer Jubilaren-Ehrung am Sonntagnachmittag und mit einer Jubelsitzung am Sonntagabend. Doch die Mitglieder Alex Zander und Willi Pütz äußerten aus „finanziellen Gründen“ Bedenken gegen den Ball am Samstagabend. Doch Kappenfreund Josef Schumacher zerstreute die Bedenken: Der Samstagsball sei steuerfrei, weil die Gemeinde dem Verein für die Jubiläumsveranstaltungen Steuerfreiheit gewährt habe. Das finanzielle Riskio sei also nicht so groß. Man einigte sich darauf, samstags die Ehrung der Jubilare zu vollziehen und sonntags einen Fackelzug mit anschließender Jubelsitzung mit Tanz zu veranstalten.
Kurz vor dem großen Ereignis, so erinnert sich Altkarnevalist Hubert de la Motte, hatte der Verein dann die zündende Idee, am Samstagabend ein Feuerwerk abzubrennen. De la Motte: „Mir hatte evver kee Jeld dafür“. Höchstens 100 Mark hätte die Vereinskasse hergeben können. Also sprach Hubert bei seiner Schwiegermutter Emilie Mohrvor. De la Motte: „Die wor immer jodmödig und konnt schlechtNee sage“. Tatsächlich hatte die Geschäftsfrau Mitleid mit den finanziell gebeutelten Narren und stiftete das fehlende Geld.
Nun war das Geld da, aber keine Genehmigung der Gemeinde. Die zu bekommen erwies sich als weitere Hürde. Die Gemeinde forderte nämlich, dass zweiausgebildete Feuerwerker den Feuerzauber zum Jubiläum unfallfrei über die Bühne bringen sollten. Der Verein sagte das zu und bekam die Genehmigung mit der entsprechenden Auflage. Wo aber nun sollten die „Löstige Bröder“ zwei Feuerwerker auftreiben.
Und so entschieden sie kurzerhand, dass es in den eigenen Reihen zwei „geeignete Feuerwerker“ gebe: Malermeister Klaus Tautges, der in seiner Militärzeit Feuerwerker war und Hermann Abel, der Brandmeister bei der Feuerwehr war. Im guten Glauben, die Auflagen der Gemeinde erfüllt und somit die Genehmigung in der Tasche zu haben, wurde samstags mit dem Aufbau des Feuerwerkes oberhalb der Sandgruben an der Trierer Straße begonnen. Hubert de la Motte: „Das war schon ein Fest für sich“. Ein Höhenfeuerwerk der Karnevalisten sei für die Kaller damals ein so großes Ereignis gewesen, wie es wie heute die Veranstaltung „Rhein in Flammen“ ist.
Derweil startete am Abend im Saal Gier der Jubiläumsabend mit der Ehrung der Jubilare. Dann war der Zeitpunkt gekommen, als sich alle Festgäste nahe der Gaststätte auf dem kleinen Platz neben der alten Schule, der späteren Kreishandwerkerschaft, versammelten. Von dort hatte man einen wunderbaren Blick auf das bevorstehende Geschehen oberhalb der Schumacher-Sandgrube. Dann legten Malermeister Klaus Tautges und Brandmeister Hermann Abel los und zündeten den Feuerzauber. Es war ein traumhaft schöner Anblick, als die Raketen in den Abendhimmel stiegen.
Doch dann schlug mit dem Wind auch schlagartig die Stimmung um: Die Raketen flogen in die falsche Richtung und setzten die Heide und den angrenzenden Wald in Brand. De la Motte: „Die Zuschauer und ganz Kall bekamen an diesem Abend viel Feuer zu sehen.“ Statt weitere Raketen zu zünden, hatten die beiden „Feuerwerker“ alle Hände voll zu tun, der Flammen Herr zu werden. Doch die Kaller Feuerwehr war schnell zur Stelle und setzte dem ungewollten Feuerzauber schnell ein Ende.
Der Fackelzug am nächsten Tag verlief dann allerdings ohne irgendein feuriges Ereignis. Von der Gemeinde haben die „Löstige Bröder“nach dem Feuer beim Feuerwerk damals nie mehr etwas gehört.